Du gingst einfach ohne Abschied
Hast nicht mal Tschüss gesagt
Das Schicksal ist gekommen
Und hat nicht danach gefragt, ob du es willst
Geh’ mir aus dem Sinn, du bist unerreichbar
Doch so tief noch in mir drin
Für immer war mein Traum
Für immer gibt es nicht
Für immer wollt’ ich bei dir sein
Jemand sagt, daß man sich wiedersieht
Daß es nach dem Tod ein neues Leben gibt
Wehe, wenn er lügt, wehe, wenn er lügt
Ich will dich zurück, ich brauch’ dich hier
Denn du gehörst zu mir
Ein Leben kommt, ein Leben geht
Ich red’s mir ein und mach mir Mut
Das ändert nicht viel, doch es tut meiner Seele gut
Hilf mir dabei, geh’ mir aus dem Sinn
Du bist doch so endlos weit von mit
Und doch bist du noch hier
Mit jeder Stunde, die vergeht
Verblasst das Bild von dir und mir
Und jeder Tag verwischt ein Stück uns’rer Zeit
Lass mich los, geh’ mir aus dem Sinn
Sonst kann ich nicht, sonst weiß ich nicht
Wie ich weiterleben soll
+ Bahnsteig 8 – Nino De Angelo +
Fast alle Textzeilen aus diesem Song sind in meinen Augen Wise Lines. Einzig diejenigen am Anfang und Ende des Liedes, in denen auch der titelgebende “Bahnsteig 8” vorkommt, habe ich weggelassen.
Dieser gefühlvolle Song widmet sich einem wichtigen, aber oft auch vernachlässigtem Thema: dem Tod. Denn auch wenn wir eigentlich wissen, dass der Tod zum Leben dazugehört, so versuchen wir ihn doch möglichst aus unserem Leben herauszuhalten. Nicht mal in unsere Gedanken lassen wir ihn, weil uns allein die Vorstellung, einen geliebten Menschen zu verlieren oder selbst eines Tages gehen zu müssen, Angst macht.
In dieser existenziellen Angst nämlich werden wir mit intensiven Gefühlen wie Traurigkeit oder Verzweiflung konfrontiert. Der Tod ist etwas so Unvorstellbares, das wir nicht greifen, nicht begreifen können. Er setzt einen unveränderbaren Schlussstrich unter das Leben und für die, die zurückbleiben, einen Schlussstrich unter dem gemeinsamen Weg mit einem geliebten Menschen. Die damit verbundene Endgültigkeit spiegelt unsere eigene Machtlosigkeit wider. Es ist eine Situation, an der wir nichts ändern können und es sind solche Momente, in denen wir fühlen, wie klein und unbedeutend wir doch sind, nur eine kleine Ameise in den Weiten des unendlichen Universums.
Ein unerwarteter Tod reißt eine tiefe Lücke ins Leben
Alles, was uns bleibt, ist, zu akzeptieren, dass es da etwas Größeres gibt, das nicht danach fragt, was wir uns wünschen. “Das Schicksal ist gekommen und hat nicht danach gefragt, ob du es willst”, singt Nino De Angelo.
Gerade, wenn ein geliebter Mensch plötzlich und unerwartet aus dem Leben gerissen wird, empfinden wir den Tod vielleicht als besonders heimtückisch, weil er ohne Vorbereitung eine Lücke in unser Leben reißt. Schmerzhaft spüren wir den Verlust und die Leere und wünschen uns nichts sehnlicher, als dass wir aus diesem Albtraum aufwachen. Aber der Verstorbene ist noch überall präsent: in den Dingen, die er besaß, in den Menschen, die ihn gekannt haben und nun mit uns trauern, in jeder handschriftlichen Notiz und in jeder noch so winzigen Erinnerung: Du bist unerreichbar, doch so tief noch in mir drin.
Irgendwie gehen wir davon aus, dass wir unsere geliebten Menschen unser ganzes Leben lang an unserer Seite haben. Irgendwie vergessen wir oder wollen es nicht wahrhaben, dass die gemeinsame Zeit auch sehr plötzlich zu Ende sein kann. Es ist für uns unvorstellbar, diesen Menschen nicht mehr bei uns zu haben: Für immer war mein Traum, für immer geht es nicht. Für immer wollt’ ich bei dir sein.
Vielleicht ein tröstlicher Gedanke
Aber wir können das nicht ändern. Der Tod ist endgültig und lässt uns verzweifelt zurück. Jemand sagt, dass man sich wiedersieht, dass es nach dem Tod ein neues Leben gibt. Wehe, wenn er lügt, wehe, wenn er lügt.
Aus diesen Zeilen spricht in meinen Augen die ganze Verzweiflung, die wir in solchen Momenten spüren. Sie berühren mich sehr, obwohl ich an ein Wiedersehen glaube. Wir sind Seelen, die in einem Körper wohnen, um hier auf der Erde Erfahrungen zu machen. Dazu haben wir uns mit anderen Seelen verabredet, die uns im Leben begegnen. Wenn unser menschliches Leben durch den Tod beendet wird, kehren wir dorthin zurück, woher wir gekommen sind und treffen uns dort wieder. Für mich persönlich ist dies eine ungeheuer tröstliche Vorstellung, die mich meinen Lebensmut behalten lässt.
Dennoch ändert dies nichts daran, dass der Tod eines geliebten Menschen zu den schmerzlichsten Momenten im Leben gehört. Das Leben hält viele Momente für uns bereit: glückliche und schmerzliche und viele dazwischen. Und sicher sind die schmerzlichen diejenigen, die uns die größten Schwierigkeiten bereiten, uns Kraft kosten, uns an unsere Grenzen bringen. Dorthin, wo wir uns vielleicht am stärksten spüren, weil unsere Gefühle dort am reinsten und ehrlichsten sind.
Noch so viel mehr
Wenn sich ein geliebter Mensch von uns verabschiedet, so ist dies ein schmerzlicher Verlust, der uns tief im Innern trifft. Möge es uns gelingen, dort, wo Trauer und Schmerz am größten sind, inne zu halten und zu lauschen auf das, was an diesem Ort aus dem Nebel hochsteigt. Mögen wir den Mut aufbringen, hinter der Mauer aus Schmerz die Liebe zu sehen, die wir für diesen Menschen empfinden. Mögen wir weiterhin die Kraft haben, unseren Schmerz anzunehmen wie einen Freund, der uns wahrhaftig die Liebe spiegelt, die in uns ist. Mögen die Erinnerungen an diesen letzten Schmerz nicht die Fülle glücklicher Erinnerungen überdecken, sondern die Gedanken an schöne, gemeinsame Momente und die Empfindungen, die damit verbunden sind, hell strahlen und die Dimensionen des Lebens zurechtrücken. Ganz wie die Geburt, so ist auch der Tod letztendlich nur ein Puzzleteil in unserem Lebenspuzzle. Dazwischen jedoch liegt so viel mehr, nämlich ein ganzes Leben. Die Erinnerung daran gehört uns allein und nichts und niemand kann sie uns nehmen.
Hör dir hier gerne den Text als Podcastfolge an.
Song zur Podcast-Episode auf Spotify: Bahnsteig 8 – Nino De Angelo
Shownotes
Song: Nino De Angelo
Singer: Bahnsteig 8
Songwriter: De Angelo/ Mafali
Intro/Outro Musik: https://ronaldkah.de/